Bad Ragaz: Pizolzubringer nicht realisierbar
Letzte Saison auf der Bad Ragazer Seite
Der Verwaltungsrat der Pizolbahnen AG (Pizag) hat beschlossen, das Konzept PIZOL 2010 nicht mehr weiter zu verfolgen, weil die Bedingungen des Kantons und des Bürgerschaftsbeschlusses der Gemeinde Bad Ragaz nicht erfüllt werden können. Das Konzept, das zwei neue Zubringerbahnen vorsah, ist am fehlenden privaten Aktienkapital für den Zubringer West gescheitert. Zudem sind gegen den Zubringer Ost verschiedene Einsprachen eingegangen. Die über fünfzig jährige Bahn auf der Bad Ragazer Seite wird ihren Betrieb Ende dieser Wintersaison endgültig einstellen. Offen ist, wie es auf der Wangser Seite weitergeht.
Nach langen Auseinandersetzungen einigten sich die Verwaltungsräte der am Pizol tätigen Gesellschaften auf ein gemeinsames Konzept. Kerninhalt des Gesamtkonzepts PIZOL 2010 war der Bau von zwei neuen Zubringerbahnen. Im Frühjahr 2006 wurde mit der Kapitalsammlung begonnen. Für den Zubringer Ost in Bad Ragaz wurde das private Akti-enkapital bis Ende Mai gezeichnet. Es kamen 3,4 Mio. Franken zusammen. Sodann beschloss die Bürgerschaft der Gemeinde Bad Ragaz die Unterstützung der Pizolbahn mit großem Mehr. Das Volkswirtschaftsdepartement hat dem Gesamtkonzept zugestimmt und die nötige Investitionshilfe zugesichert unter der Bedingung, dass eine Gesellschaft gebildet wird. Nicht erfolgreich war die Kapitalsammlung für den neuen Zubringer West. Das vorgesehene private Aktienkapital von 7 Mio. Franken konnte nicht fristgerecht beschafft werden. In der Folge wurde das Finanzierungskonzept modifiziert und die Zeichnungsfrist wurde bis Ende Januar 2007 verlängert. Nach dem überarbeiteten Finanzierungskonzept sollten noch mindestens 3 Mio. Franken privates Aktienkapital gesammelt werden. Ziel der Finanzierungskommission war jedoch, 4 Mio. Franken Aktienkapital zusammenzubringen. Um das fehlende Eigenkapital zu kompensieren, war eine zusätzliche Fremdfinanzierung von 3 bis 4 Mio. Franken vorgesehen.
Modifiziertes Finanzierungskonzept gescheitert
Nachdem im Herbst 2006 die Vermögensübertragung auf die gemeinsame Gesellschaft Pizag auf beiden Seiten von den Generalversammlungen beschlossen wurde, war die Realisierung beider Zubringer auf gutem Weg. Die Kapitalsammlung für den Zubringer West verlief indessen weiterhin schleppend. Bis Ende Januar kamen nur knappe 2 Mio. Franken zusammen. Verzweifelt richtete der Verwaltungsrat der Pizag einen letzten Appell an die Öffentlichkeit. Auch dieser half nichts. Bis am vergangenen Freitag wurden aus dem Raum Vilters-Wangs, Sargans, Mels und Rheintal nur 2,1 Mio. Franken Aktienkapital gezeichnet.
Große Finanzierungslücke
Das gesammelte private Aktienkapital reicht bei weitem nicht aus, um den Finanzierungsbedarf zu decken. Aufgrund des verlustreichen Geschäftsgangs im vergangenen Jahr fehlt zusätzlich ein Cashflow von 550'000 Franken, der im Finanzierungsplan enthalten ist. Die laufende Saison wird zu weiteren Verlusten führen. Es fehlt deshalb auch am notwendigen Betriebskapital. Sodann ist bei den geplanten Zubringern mit Mehrkosten von je 2 Mio. Franken zu rechnen. Für den geplanten Zubringer Ost auf der Bad Ragazer Seite ist die Finanzierung zwar zustande gekommen. Aufgrund des detaillierten Kostenvoranschlags ist aber mit Gesamtkosten von über 16 Mio. statt 14 Mio. Franken zu rechnen. Die Mehrkosten sind unter anderem auf die Erhöhung des Stahlpreises zurückzuführen, der sich innert einem Jahr um mehr als 50 Prozent erhöht hat. Die Mehrkosten des Zubringers Ost können zwar teilweise aufgefangen werden durch ein höheres Eigenkapital, das aufgrund der Kapitalsammlung und des höheren Parkplatzerlöses zustande gekommen ist. Trotzdem wäre auch für die Ostseite zusätzliches Fremdkapital von rund 1 Mio. Franken erforderlich.
Keine Alternativen
Weil das notwendige Eigenkapital für den Westzubringer nicht zusammen kam, wurden verschiedene Alternativen geprüft. So wurde anstelle der Kabinenbahn eine Vierer-Sesselbahn von Tiefletzi aus in Betracht gezogen. Die Vergleiche ergaben eine Einsparung von lediglich etwa 7 Prozent, weil für eine Sesselbahn aufgrund der topografischen Verhältnisse mehr Masten erforderlich wären. Abgeklärt wurde auch ein Ersatz der Kabinenbahn am bestehenden Standort durch eine Sesselbahn. Die Kosten würden sich auf mindestens 11, 5 Mio. Franken belaufen. Diese Variante ist jedoch nicht nachhaltig, weil die Erschließung und die Parkplatzverhältnisse ungenügend sind. Auch die politische Gemeinde Vilters-Wangs kann einer solchen Lösung nicht zustimmen. Die Variante "Sanierung der bestehenden Bahn" wurde bereits früher abgeklärt. Sie ist ebenfalls nicht nachhaltig. Dies wurde in einem Gutachten bestätigt, das vom Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St.Gallen in Auftrag gegeben wurde. Für Projekte, die nicht nachhaltig sind, gibt es aber keine Investitionshilfe.
Fehlendes Eigenkapital
Nachdem das Volkswirtschaftsdepartement die Leistung von Investitionshilfe von einer gemeinsamen Gesellschaft abhängig machte, wurden die Vermögensübertragungen in die Pizag beschlossen. Bauherrin der neuen Bahnen auf beiden Seiten wäre die Pizag, die das Aktienkapital für beide Zubringer gesammelt hat. Nach dem Gesamtkonzept PIZOL 2010, das die Basis für die Zusicherung des Kantons für Investitionshilfe bildet, braucht die Pizag für beide Zubringer eine Eigenkapitalquote von mindestens 50 Prozent. Auch das Gutachten des Gemeinderats Bad Ragaz, dem die Bevölkerung im vergangenen Jahr zugestimmt hat, geht von dieser Eigenkapitalquote aus. Die minimale Eigenkapitalbasis von 50 Prozent ist auch erforderlich, um von den Banken die nötigen Kredite zu erhalten.
Bad Ragaz im selben Boot
Wegen der ungenügenden Eigenkapitalquote erhält die Pizag keinen Investitionskredit vom Kanton für den Zubringer in Bad Ragaz. Auch die Banken werden keine Kredite gewähren. Die Pizag ist aufgrund des insgesamt fehlenden Aktienkapitals und der zu erwartenden Mehrkosten nicht kreditfähig. Dies hat zur Folge, dass auch die Gemeinde Bad Ragaz die Verpflichtungen gegenüber der Pizag nicht eingehen kann. Nach dem Beschluss der Bürgerschaft ist der Gemeinderat ermächtigt, die finanziellen Beteiligungen und Verpflichtungen einzugehen, wenn die Gesamtfinanzierung sichergestellt und das Projekt rechtkräftig ist. Beide Voraussetzungen sind nicht gegeben. Mit dem Bau der neuen Bahn hätte spätestens nach Ostern begonnen werden müssen, damit die neue Anlage im Dezember dieses Jahres in Betrieb genommen werden könnte. Nachdem das Verfahren durch verschiedene Einsprachen verzögert wurde, kann dieser Zeitplan, der von Anfang an gedrängt war, nicht mehr eingehalten werden. Teilzonenplan und Baureglement müssten nämlich auch noch während dreißig Tagen dem fakultativen Referendum unterstellt werden. Eine neue Bahn könnte deshalb frühestens ein Jahr später in Betrieb genommen werden. Dies ist aber zu spät, weil die Einnahmen im nächsten Winter ausfallen und der Businessplan auch aus diesem Grund nicht mehr eingehalten werden kann.
Kein Alleingang in Bad Ragaz
Ein Alleingang in Bad Ragaz ist aus mehreren Gründen ausgeschlossen. Der Kanton hat die Investitionshilfe davon abhängig gemacht, dass eine gemeinsame Gesellschaft gebildet wird, die Gewähr für eine langfristige Eigenwirtschaftlichkeit bietet. Nach Auffassung des Volkswirtschaftsdepartements ist die langfristige Eigenwirtschaftlichkeit nicht gegeben, wenn am Pizol mehrere Gesellschaften tätig sind. Deshalb gibt es auch keine Investitionshilfe für einen Alleingang in Bad Ragaz. Das Volkswirtschaftsdepartement hat dies bereits beim ersten misslungenen Versuch eines Alleingangs festgehalten. Ohne Investitionshilfe ist der Zubringer Bad Ragaz jedoch nicht finanzierbar. Aber auch die Gemeinde kann keine Mittel für einen Alleingang in Bad Ragaz freigeben. Nach dem Beschluss der Bürgerschaft ist nämlich eine Beteiligung der Gemeinde nur möglich, wenn ein Investitionshilfedarlehen des Bundes von 3 Mio. Franken und Zinskostenbeiträge des Kantons für denselben Betrag gewährt werden. Fehlen die Mittel von Bund, Kanton und Gemeinde, werden auch die Banken keine Kredite geben.
Verlust zahlreicher Arbeitsplätze
Die Einstellung des Betriebs auf der Bad Ragazer Seite führt im Verlauf dieses Sommers zum Verlust von 12 Vollzeit- und 13 Teilzeitstellen bei der bisherigen Sportbahnen Bad Ragaz AG, die voraussichtlich liquidiert wird. Die Betriebsaufgabe wird aber auch zum Verlust von weiteren Arbeitsplätzen bei Restaurants, bei der Skischule und bei weiteren Betrieben führen, die vom Berg- und Wintertourismus abhängig sind. Die Luftseilbahn Wangs-Maienberg-Furt hat zwar noch eine Betriebsbewilligung bis Ende des Jahres 2008. Aufgrund der rückläufigen Einnahmen infolge des schlechten Winters ist die finanzielle Lage der Luftseilbahn Wangs Pizol AG und der Pizag angespannt. Wird für Wangs im Verlauf dieses Jahres keine Lösung gefunden, sind weitere Arbeitsplätze gefährdet. Mittelfristig wäre dann damit zu rechnen, dass das Sarganserland zusammen mit den Arbeitsplätzen, die indirekt von den Bergbahnen abhängig sind, weit über 100 Arbeitsplätze verlieren dürfte. Hinzu kommt der Substanzverlust von Vermögenswerten der Bahnanlagen und der zahlreichen Liegenschaften im Tourismusgebiet. Allein bei den Bahnanlagen ist mit einem Substanzverlust von etwa 10 Mio. Franken zu rechnen.
Großes Bedauern bei den Beteiligten
Es war den Initiatoren von Anfang an klar, dass es sich um einen anspruchsvollen Finanzierungs- und Zeitplan handelt. Im Verlauf der äußerst kurzen Zeit von nur einem Jahr mussten zahlreiche Hürden genommen werden. Das Projekt ist an den letzten beiden Hürden gescheitert, primär an der Finanzierung für den Westzubringer, aber auch am Verfahren für den Ostzubringer. Die damit verbundenen Forderungen überstiegen die Möglichkeiten der ohnehin angeschlagenen Pizag. Die Verwaltungsräte der Bahngesellschaften am Pizol, die Gemeinderäte von Bad Ragaz und Vilters-Wangs und das Volkswirtschaftsdepartement bedauern sehr, dass der Wettlauf mit dem Geld und mit der Zeit so kurz vor dem Ziel aufgegeben werden musste
quelle = www.seilbahn.net